Kleine Orgelkunde


 

Die Orgel (griechisch órganon „Werkzeug, Instrument, Organ“) ist ein über Tasten spielbares Musikinstrument. Der Klang wird durch Pfeifen erzeugt, die durch einen Orgelwind genannten Luftstrom angeblasen werden. Zur Abgrenzung gegenüber elektronischen Orgeln wird sie daher auch Pfeifenorgel genannt. Sie gehört zu den Aerophonen . Die meisten Orgeln enthalten mehrheitlich Labialpfeifen, bei denen die Luftsäule im Innern durch Anblasen eines Labiums (Schneidentöne) zum Schwingen gebracht und damit der Ton erzeugt wird. Sie werden durch Lingualpfeifen ergänzt, bei denen die Tonerzeugung durch ein schwingendes Zungenblatt erfolgt.

Von einem Spieltisch aus kann der Organist einzelne Pfeifenreihen verschiedener Tonhöhe und Klangfarben (Register) ein- oder ausschalten, sodass sich verschiedene Klangfarben erzeugen lassen. Die Pfeifen werden über eine oder mehrere Klaviaturen, Manuale genannt, und gegebenenfalls das Pedal, angesteuert, denen die Register jeweils fest zugeordnet sind. Dabei wird der Druck auf die Taste über die Traktur mechanisch, pneumatisch oder auch elektrisch zu den Ventilen unter den Pfeifen geleitet.

Orgeln sind seit der Antike bekannt und haben sich besonders im Barock und zur Zeit der Romantik zu ihrer heutigen Form entwickelt.

Ausführungen und Aufbau

Orgeln finden sich in unterschiedlichen Ausführungen und Größen meist in Kirchen, aber auch in Konzertsälen und Privathäusern (Hausorgel). Eine kleine, einmanualige Orgel ohne Pedal bezeichnet man als Positiv oder – bei entsprechend kompakter Bauweise – als Truhenorgel. Tragbare Kleinstorgeln bezeichnet man als Portativ . Eine Spezialform hiervon ist das nur mit Zungenpfeifen disponierte Regal.

Aufstellung und Akustik

Der Orgelbauer hat die schwierige Aufgabe, das Instrument akustisch, optisch und funktional möglichst optimal aufzustellen, was jedoch oftmals durch bauliche Gegebenheiten nur begrenzt möglich ist. Idealerweise sollte der Orgelklang in jedem Punkt des Raumes ausgeglichen und transparent sein. Der Nachhall sollte das Klangbild nicht zu sehr verschleiern.

In Kirchen verrät die Aufstellung einer Orgel oft viel über ihre liturgische Bestimmung und ihre Einsatzmöglichkeiten. Während die ältesten Instrumente oftmals in der Nähe des Chores oder als Schwalbennestorgeln erscheinen, so wird ab dem 17. Jahrhundert die Orgel an der Westwand gebräuchlich. Traditionell war die Chororgel (oder in Italien/Spanien das Evangelien/Epistel-Orgelpaar) für eine katholische Liturgie bestimmt, die sich großteils im Chorraum der Kirche abspielte. Als nach der Reformation der Gemeindegesang an Bedeutung gewann, wanderte die Orgel an die Westwand (seltener hinter oder über den Altar als Altarorgel) und wurde auch tendenziell größer und lauter, denn nun musste sie eine in einer gefüllten Kirche singende Gemeinde führen können. In kleinen Kirchenräumen oder solchen mit besonderen architektonischen Eigenheiten muss die Orgel oft unabhängig von ihrer liturgischen Bedeutung an die Architektur angepasst aufgestellt werden.

Die Größe der Orgelempore sagt viel über die Bestimmung der Orgel aus. So war es beispielsweise in den großen Kirchen Mitteldeutschlands im 18. Jahrhundert oft üblich, auf der Orgelempore Chor und Instrumentalensemble zu platzieren, wodurch die Hauptorgel auch als Begleitinstrument zu ihrem Recht kam.
In Konzertsälen ist die Orgel meist an der Wand über dem Orchesterpodium angebracht.

Erscheinungsbild

Große Orgeln bestimmen mit der Gestaltung ihres Gehäuses und der Front (Orgelprospekt) die Wirkung des Raumes, in dem sie aufgestellt sind. In der Renaissance, mehr noch in der Zeit des Barock, zeigte sich die Bedeutung, die dem optischen Aspekt beigemessen wurde, daran, dass nicht selten die Kosten für das Orgelgehäuse (mit Skulpturenschmuck, Ornamentschnitzwerk, Gemälden und Vergoldung) jene des eigentlichen Orgelwerkes überstiegen. Der Orgelprospekt diente oft zusammen mit der weiteren skulpturalen und malerischen Ausstattung und Ausgestaltung der Kirche einem architektonischen Gesamtkonzept.

Technische Anlage

Windwerk

Die zugeführte komprimierte Luft, der so genannte Wind, wurde bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts durch große Blasebälge (Schöpf- und Keilbälge) erzeugt, die mit den Füßen getreten wurden. Je nach Orgelgröße benötigte man bis zu zwölf Kalkanten (Balgtreter). Danach wurden zunehmend elektrische Gebläse (Winderzeuger) eingesetzt. Dazu ist aber in jedem Fall ein Magazinbalg zur Regulierung und Stabilisierung des Winddrucks nötig. Von diesem Balg aus wird der Wind durch meist hölzerne Windkanäle weiter in die Windladen geleitet. Auf einen Magazinbalg kann bei Orgeln mit Falten- oder Keilbälgen unter Umständen auch verzichtet werden (bei Nachrüstung mit elektrischem Winderzeuger), oder wenn (bei kleineren Orgeln) die Stabilisierung des Spielwindes durch Ladenbälge unter den Windladen erfolgt.

Im gegenwärtigen Orgelbau werden weiterhin elektrische Gebläse verwendet. Bei Restaurierungen vormoderner Instrumente und bei Neubauten in einem vormodernen Orgelstil finden zunehmend auch die dem jeweiligen Instrumententypus historisch entsprechenden Balganlagen Verwendung. Dabei besteht die Möglichkeit, zusätzlich ein elektrisches Gebläse einzubauen oder die Bälge über einen Elektromotor statt eines Bälgetreters zu bewegen. Für ältere Musik wird die so erzielte Lebendigkeit und Ruhe (Wirbellosigkeit) des Orgelwindes – oft als Atmen der Orgel beschrieben – geschätzt, für Musik seit dem fortgeschrittenen 19. Jahrhundert hingegen absolute Windstabilität.

Spieltisch

Eine Orgel wird vom Spieltisch aus gespielt. Größere Orgeln setzen sich aus Teilwerken zusammen, denen meist jeweils eine eigene Klaviatur zugeordnet ist. In großen Orgeln sowie iberischen Barockorgeln gibt es aber oft mehr Teilwerke als Manuale. Die nicht fest mit einem Manual ausgestatteten Teilwerke werden dann an ein Manual mittels Sperrventilen oder Koppeln angeschaltet. Im englischsprachigen Raum werden solche Teilwerke als floating divisions (kurz: floating) bezeichnet. Der Organist bedient die Manual genannten Klaviaturen mit den Händen, während das Pedal mit den Füßen gespielt wird.

Die Manuale heutiger Orgeln haben meist einen Tonumfang von C bis g3 (bei Neubauten nur noch selten bis f3), aber gelegentlich auch bis a3 oder c4. Das Pedal weist in der Regel einen Tonumfang von C bis f1, manchmal auch bis g1 oder a1 auf. Orgeln der vergangenen Jahrhunderte haben oft einen kleineren Tonumfang. So ist bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts ein Tonumfang im Manual bis c3 oder d3, im Pedal bis c1 oder d1 die Regel. In der Basslage ist bei alten Orgeln häufig die kurze oder die gebrochene Oktave zu finden. Bis Anfang des 19. Jahrhunderts wurde oft noch auf das tiefe Cis verzichtet. Die Manuale werden in der Regel mit römischen Zahlen abgekürzt und von unten nach oben durchgezählt. Kleine Orgeln haben ein oder zwei Manuale, mittlere Orgeln zwei oder drei sowie große Orgeln drei bis fünf (vereinzelt auch sechs oder sieben) Manuale. Iberische Barockorgeln mittlerer Größe verfügen gelegentlich nur über ein Manual. Ein Pedalwerk ist in sehr kleinen Orgeln nicht immer vorhanden. Im historischen Orgelbau (z. B. Niederlande, 17. und 18. Jahrhundert) gab es auch große, mehrmanualige Instrumente ohne selbstständiges Pedal.

Windlade

Das Herz der Orgel bilden die Windladen, auf denen die Pfeifen stehen. Vom Spieltisch aus werden die Bewegungen der Tasten mechanisch, pneumatisch oder elektrisch über die Traktur an die Windlade geleitet. Dort befinden sich unter den Pfeifen Ventile, die sich entsprechend öffnen oder schließen. Wird eine Taste gedrückt, kann der Wind aus der Windlade durch das Ventil in die Pfeife strömen und diese zum Klingen bringen. Zusätzlich gibt es noch einen Absperrschieber oder ein Ventil mit der Aufgabe, den Wind für die nicht gezogenen Register zu blockieren.

Es gibt verschiedene Bauformen von Windladen. Grundsätzlich unterscheidet man – je nach Reihenfolge der Ventile für Ton und Register – zwischen Tonkanzellenladen (Schleiflade, Springlade) und Registerkanzellenladen (Kegellade, Taschenlade, Membranlade) und Kastenladen (ohne Kanzellen). Bei einer Tonkanzellenlade stehen alle zu einer Taste gehörenden Pfeifen auf einer Kanzelle, bei der Registerkanzellenlade alle, die zu einem Register gehören, und bei der Kastenlade stehen alle Pfeifen auf einer nicht in Kanzellen geteilten Windlade. Die älteste Windladenbauform mit einzeln registrierbaren Pfeifenreihen ist die Schleiflade, die wegen ihrer Robustheit und klanglichen Vorteile inzwischen auch bei modernen Orgeln wieder nahezu ausschließlich zum Einsatz kommt.

Werkstoffe

Der traditionelle Hauptwerkstoff für den Bau einer Orgel ist Holz. Aus Holz werden das Gehäuse, die Windladen, die Tasten und ein Teil der Pfeifen gefertigt. Bei mechanisch gesteuerten Instrumenten findet Holz oft auch für die Mechanik Verwendung. Für die Metallpfeifen kommen meist Zinn-Blei-Legierungen zum Einsatz (sogenanntes Orgelmetall), seit dem 19. Jahrhunderts auch Zink und im 20. Jahrhundert Kupfer (vereinzelt auch Porzellan, Plexiglas und Kunststoffe). Die weißen Tasten der Klaviatur wurden meist mit Blättchen aus Rinderknochen belegt, bei wertvollen Orgeln auch mit Elfenbein, die schwarzen sind oft aus massivem Ebenholz oder geschwärztem Birnbaum, heute oft Grenadill. Alte Orgeln haben oft schwarze Untertasten und weiß belegte Obertasten, später war es umgekehrt. Bei neuen Orgeln finden sich beide Bauweisen.

Register

Eine Orgel hat mehrere Pfeifenreihen, die jeweils aus Orgelpfeifen gleicher Bauart und Klangfarbe bestehen. Eine Pfeifenreihe (manchmal auch mehrere) wird zu einem Register zusammengefasst, das vom Spieltisch aus an- und abgeschaltet werden kann. Die Bedienung der Register erfolgt meist über Registerzüge oder Manubrien genannte Knäufe, die man zum Einschalten herausziehen und zum Abschalten wieder hineinschieben muss (mechanische Traktur); daher rühren die alten Bezeichnungen „Ziehen“ und „Abstoßen“ für das Ein- und Ausschalten von Registern.

Durch planvolles Kombinieren verschiedener Register, die so genannte Registrierung, können unterschiedliche Klangfarben und Lautstärken eingestellt werden. Die Kunst des Organisten besteht darin, aus dem vorhandenen Klangbestand eine Registrierung zu finden, die der zu spielenden Musik am besten entspricht. Jede Epoche bevorzugte ein jeweils eigenes, spezielles Klangbild, das man als Organist kennen sollte. Man kann daher nicht auf jedem Instrument jedes Stück wirklich gut interpretieren. Trotz der Möglichkeit einer gewissen „Typisierung“ gibt es keine zwei gleichen Orgeln, da jedes Instrument in Größe und Ausführung an seinen Aufstellungsraum angepasst oder vom Geschmack der Zeit seiner Entstehung abhängig ist.

Die Zusammenstellung der Register einer Orgel einschließlich der Spielhilfen (Koppeln etc.), nennt man die Disposition einer Orgel. Sie wird vom Orgelbauer beim Erstellen des Instrumentes mit dem Auftraggeber abgesprochen und bestimmt die Einsatzmöglichkeiten der Orgel.

Unterscheidung nach Bauart

Die Register unterscheiden sich neben der Tonhöhe (Fußlage) auch durch ihre Bauart und damit durch Tonansatz, Obertonanteil (Klangfarbe) und Lautstärke.

Nach der Art der Tonerzeugung unterscheidet man zwischen Lippenpfeifen oder Labialen (Tonerzeugung wie bei der Blockflöte) und Zungenpfeifen oder Lingualen (Tonerzeugung wie bei einer Klarinette). Labialpfeifen können offen oder gedeckt sein, die gedeckten Pfeifen klingen bei gleicher Länge eine Oktave tiefer. Weitere Unterschiede gibt es bei Materialien, Pfeifenform und der Mensur (den Verhältnissen der verschiedenen Pfeifenabmessungen). Daneben gibt es die gemischten Stimmen. Dabei handelt es sich um Register, bei denen für jede Taste mehrere Pfeifen erklingen. Dazu gehören etwa die Klangkronen (oder Mixturen) und Farbregister wie die Sesquialtera.

Nebenregister

Bei den Registerzügen eingeordnet ist der Tremulant.  Er verändert periodisch den Winddruck und sorgt so für ein Schwingen des Tones. In Orgeln neuerer Zeit ist die Geschwindigkeit der Schwingung mitunter einstellbar. Der Tremulant wirkt auf alle Register des Werkes, in dem er eingebaut ist. Bei alten Orgeln gibt es manchmal einen Tremulanten für die gesamte Orgel, bei manchen Orgeln auch einen nur auf ein bestimmtes Register wirkenden (etwa Schwebeflöte, Vox humana).

Spezielle Effektregister, wie Glockenspiele oder Pauken, ergänzen bei manchen Orgeln die Disposition.

Spielhilfen

Spielhilfen sind zusätzliche Funktionen, die dem Organisten das Spiel erleichtern, indem sie beispielsweise schnelles Umregistrieren ermöglichen.

Koppeln

Koppeln erlauben das gleichzeitige Spiel von verschiedenen Werken auf einem Manual oder das Spiel der Manualregister im Pedal. So ist es möglich, die Register verschiedener Manuale zugleich zu spielen und eine größere Lautstärke, aber auch zusätzliche Kombinationsmöglichkeiten zu erreichen. Durch sogenannte Suboktav- oder Superoktavkoppeln werden die Töne mitbetätigt, die eine Oktave unter beziehungsweise über den gespielten liegen. Sogar Quintkoppeln wurden zeitweise gebaut.

Koppeln werden bezeichnet, indem zuerst das hinzugekoppelte Manual angegeben wird und dann das Manual, auf das die Koppel wirkt, z. B. „II–I“ (zweites Manual wird an das erste gekoppelt) oder „HW/Ped“ (Hauptwerk wird an das Pedal gekoppelt). Bei Oktavkoppeln kann die Versetzung in Fußzahlen angegeben werden, z. B. „III–I 4′“ (drittes Manual wird eine Oktave höher spielend an das erste gekoppelt).

Registrierhilfen

Als Registrierhilfen bezeichnet man Einrichtungen an der Orgel, die dem Organisten die Möglichkeit bieten, Registrierungen flexibel zu ändern.. Die ersten wirklichen Registrierhilfen waren die von Aristide Cavaillé-Coll gebauten Jeux de Combinasion, mit denen man per Fußhebel alle Zungen und Mixturen eines Teilwerks ausschalten konnte. Vor allem Orgeln der späteren Romantik verfügen häufig über feste Kombinationen. Damit lassen sich vom Orgelbauer festgelegte Registerkombinationen auf Knopfdruck abrufen. Feste Kombinationen sind meist nach Lautstärkegraden abgestuft, etwa p, mf, f, ff

Zur gleichen Zeit kamen die einstellbaren freien Kombinationen auf. Größere pneumatische Orgeln bieten in der Regel zwei oder drei freie Kombinationen, moderne Orgeln haben oft elektronische Setzer, auf denen eine größere Anzahl an Registrierungen einprogrammiert werden kann. Die Registerfessel blockiert die sofortige Änderung der Registrierung, so dass der Spieler eine neue Registrierung vorbereiten kann, die dann auf Knopfdruck realisiert wird.

Für romantische Orgelmusik gibt es den Registerschweller (Generalcrescendo, Walze, Rollschweller), der die Register der Reihe nach einschaltet (nach Lautstärke geordnet), bis alle Register erklingen (Tutti). Damit ist bei großen Orgeln ein nahezu stufenloses Crescendo und Decrescendo zwischen Pianopianissimo und Fortefortissimo möglich.

Weitere Registrierhilfen sind die vor allem im französischen Orgelbau der Romantik vorkommenden Einführungstritte oder Gruppentritte, mit denen sich bestimmte Gruppen von Registern gemeinsam zu- oder abschalten lassen. Sperrventile finden sich schon in alten Orgeln um die Windzufuhr zu ganzen Werken abzustellen. Im deutschen romantischen Orgelbau finden sich Abschalter wie z. B. „Zungen ab“ oder „Crescendo ab“, um einzelne Registergruppen oder Spielhilfen abstoßen zu können.

Schwellkasten

Schwellkästen können den Ton der in ihnen aufgestellten Register (Schwellwerk) durch das Schließen von Jalousien oder Klappen stufenlos dämpfen. Diese Einrichtung wurde in der Zeit der Romantik vor allem in größere Orgelwerke eingebaut, um eine dem Orchesterklang angepasste Möglichkeit der Dynamik zu erhalten. Ein Vorläufer des Schwellwerkes waren die Echokästen spanischer Orgeln des 18. Jahrhunderts. Schwellkästen befinden sich meistens innerhalb der Orgel, selten sind sie wie auf dem Bild im Prospekt angebracht, dies kommt aber auch nur bei modernen Prospekten vor. Schweller und Schwellkästen sind in der Regel aus Holz gebaut, selten werden auch andere Materialien verwendet, um eine höhere Dynamikwirkung zu erzielen. Beispiel: bei der Rieger-Orgel der Basilika Vierzehnheiligen sind die beweglichen Holzlamellen mit Quarzsand gefüllt.

Zur Geschichte

Antike

Das erste orgelartige Instrument wurde um 246 v. Chr. von Ktesibios, einem Ingenieur in Alexandrien, konstruiert. Der Name des Instrumentes war „Hydraulis“ (von altgriechisch ὕδωρ (hydor) „Wasser“ und (aulos) „Rohr“), da mit Hilfe von Wasser ein gleichmäßiger Winddruck erzeugt wurde und Metallröhren aus Bronze die Spielpfeifen bildeten. Die Winderzeugung durch Blasebälge kam erst später auf. Die Römer übernahmen die Orgel von den Griechen als rein profanes Instrument und untermalten Darbietungen in ihren Arenen mit Orgelmusik. Von den frühen Christen wurde die Orgel aufgrund der Verwendung dieses Instruments für die grausamen Arenakämpfe, wo auch Christen starben, nicht verwendet.

Bei archäologischen Ausgrabungen in der Nähe von Budapest, dem früheren römischen Aquincum, Provinz Pannonien, wurden Reste einer Orgel aus dem Jahr 228 n. Chr. gefunden. Außerdem wurden Teile einer Orgel aus spätrömischer Zeit in Avenches (damals Aventicum) entdeckt. Im makedonischen Dion ausgegrabene Fragmente scheinen sogar von einer Orgel aus dem ersten Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung zu stammen.

Mittelalter

Im weströmischen Reich der Völkerwanderungszeit (um 400 n. Chr.) ist der Gebrauch von Orgeln nicht belegt. Das byzantinische Reich erhob die Orgel jedoch zu einem wichtigen Instrument für die kaiserlichen Zeremonien. Damit rückte sie auch in die Nähe der kirchlichen Feierlichkeiten. In den karolingischen Chroniken wird berichtet, dass in den Jahren 757 und 812 jeweils eine Gesandtschaft vom byzantinischen Kaiserhof an den fränkischen Hof kam und für Pippin den Jüngeren oder für dessen Sohn und Nachfolger Karl den Großen eine Orgel mitbrachte. Der Sohn Karls des Großen, Kaiser Ludwig der Fromme, ließ 826 eine Orgel für seine Pfalz in Aachen von einem aus Venedig stammenden Priester namens Georg anfertigen, vermutlich seit mehreren Jahrhunderten die erste in Westeuropa hergestellte Orgel.

Im Laufe des 9. Jahrhunderts begannen die ersten (Bischofs-)Kirchen in Westeuropa, sich Orgeln anzuschaffen, Klosterkirchen wohl erst ab dem 11. Jahrhundert. Die Kirchenorgel war zunächst ein Statussymbol, erst mit der Gotik entwickelte sie sich allmählich zum Hauptinstrument der christlichen Liturgie. Die früh- und hochmittelalterlichen Orgeln waren sogenannte Blockwerke, d. h. man konnte noch nicht einzelne Register ab- und zuschalten: Wenn man einen Ton auslöste, erklangen automatisch alle Pfeifen, die diesem Ton zugeordnet waren. Es gab auch noch keine Tastaturen oder Manuale. Ein Ton wurde ausgelöst, indem man mit der ganzen Hand eine Holzlatte, die sogenannte „Schleife“, herauszog und so die Windzufuhr zu den Pfeifen für diesen Ton freigab.

Im Mittelalter entstand auch die erste Kleinorgel, das Portativ.

Renaissance

Das 14. und 15. Jahrhundert brachte wichtige Neuerungen: Nun kamen einzeln wählbare Register, Manual-Tastaturen und einzelne (Teil-)Werke auf. Durch den damals gebräuchlichen Ausdruck „die Orgel schlagen“ festigte sich später die Annahme, diese Instrumente seien schwer zu spielen gewesen und die Tasten wären mit viel Kraftaufwand, manchmal sogar mit Fäusten wie bei Glockenspielen betätigt worden. Die aus jener Zeit erhaltene Orgelmusik lässt jedoch den Schluss zu, dass auch verhältnismäßig leichtgängige Orgeln existierten, die ein schnelles Spiel erlaubten. In der Tat gibt es Abbildungen von Tasten dieser Orgeln, die vermutlich wirklich mit der ganzen Hand bedient wurden, was aber nicht auf ein kräftiges Schlagen mit den Fäusten hinweisen muss. Z. B. zeigen die Abbildungen im Syntagma musicum des Michael Praetorius die Klaviaturen der Domorgel zu Halberstadt von 1361 mit solchen Tasten. Mit dem Wort „Schlagen“ ist vielmehr das „Anschlagen“ der Tasten gemeint. So wurde etwa auch die Laute „geschlagen“.

Die Orgeln der Frührenaissance erinnern noch an die Zeit der Wiedereinführung der Register im ausgehenden Mittelalter (Stimmscheidung). Sie enthalten recht wenige Register (z. B. Prästant, Oktave, Hintersatz und Zimbel aus dem gotischen Blockwerk, dazu ein bis zwei Flöten, Trompete und das Regal) und verfügen oft nur über ein Manual und ein angehängtes Pedal. Ein vorhandenes Regalregister wird oft leicht zugänglich über dem Spieltisch angeordnet, da dessen Pfeifen häufig nachgestimmt werden müssen. Aus dieser Anordnung entwickelte sich später das Brustwerk, in dem die Regalpfeifen immer noch leicht zugänglich ganz vorn stehen. In dieser Zeit entstanden auch die beiden Kleinorgeltypen Positiv und Regal.

In der Hochrenaissance entwickelten sich voll ausgebaute Orgeln. Das Klangideal orientiert sich an der damals üblichen Ensemblemusik auf gleichartigen Instrumenten. So stehen Prinzipale, Mixtur und Zimbel für den eigentlichen „Orgelklang“. Dazu kommen zahlreiche Register, die den Klang der damals üblichen Instrumente, nachahmen sollen, vor allem der Blasinstrumente. Bei den Lingualregistern sind dies z. B. Trompete, Posaune, Zink, Schalmei, Dulzian, Ranckett, Krummhorn und Sordun, bei den Labialregistern z. B. Blockflöte, Querflöte (meist nicht als überblasendes Register) und Gemshorn. Es werden zwischen einem und drei Manualen gebaut, von denen jedes ein eigenes Werk ansteuert. Dazu kommt in der Regel ein eigenständiges Pedalwerk. Auf solchen Orgeln lässt sich neben Sakralmusik auch sehr gut die weltliche Musik der Renaissance wiedergeben. In der Spätrenaissance begannen sich erste regionale Unterschiede im Orgelbau heraus zu bilden.

Barock

Im 17. und 18. Jahrhundert erreichte der Orgelbau in einigen europäischen Ländern eine große Blüte. Für Orgeln aus der Barockzeit kann man die Register je nach Klangfarbe und Verwendung in drei funktionelle Gruppen einteilen, die aber gleichermaßen auf die gesamte Orgel verteilt werden:

Werkaufbau

Ein typisches Merkmal barocker Orgeln einiger Kulturlandschaften, besonders des norddeutsch-hanseatischen Raumes, ist das so genannte Werkprinzip: Jedes Teilwerk der Orgel (z. B. Hauptwerk, Rückpositiv, Oberwerk, Brustwerk, Pedalwerk) ist als selbstständige und gegenüber den anderen Teilwerken gleichwertige Orgeleinheit konzipiert. Jedes Teilwerk verfügt über ein Plenum und erlaubt Solo- und grundstimmige Begleitregistrierungen; die Teilwerke unterscheiden sich nur durch die Klangcharakteristik. Eine weitere dynamische oder funktionelle Unterteilung (Hauptwerk, Schwellwerk, Nebenwerk, Echowerk) oder Vermischung (mehrere Werke in einem Gehäuse) entwickelt sich erst in der Romantik.

Aufgrund der rein mechanischen Spieltraktur kommt es zu weiteren Besonderheiten:

Im Vordergrund der barocken Orgel steht die Durchsichtigkeit des Klanges. Daher waren hohe Register sowie Aliquotregister als Soloregister weit verbreitet. Bei den Aliquoten war allerdings bei der großen Terz (Fünftelfußmaß) Schluss. Im Klangideal sollten sich die einzelnen Pfeifen nicht angleichen, was sich vor allem bei polyphoner Musik positiv auswirkte.

Romantik

Nachdem die Orgel in der Zeit der frühen Klassik zunehmend an Aufmerksamkeit verlor (bekannte Komponisten der Klassik wie Mozart und Beethoven haben äußerst wenig für Orgel komponiert), entstand im 19. Jahrhundert mit der romantischen Orgel ein neues, vollkommen anderes, orchestrales Klangideal, das auch zu einer Art Globalisierung im Orgelbau führte. Im Gegensatz zur Barockorgel ist hier die 8′-Lage, im Pedalwerk auch die 16′-Lage, mehrfach mit verschiedenen, Orchesterinstrumente nachahmenden Stimmen besetzt, die höheren Lagen treten dafür deutlich zurück. Im Vordergrund stand das Ideal der „Vermischung“ – die Orgel sollte wie ein Orchester klingen, es sollten keine Brüche im Klang mehr erkennbar sein. Daher tauchen in romantischen Orgeln gehäuft Streicher und überblasende Flöten auf. Streicherstimmen sind sehr eng mensurierte Pfeifen, in deren Obertonspektrum der zweite Teilton (die Oktave) vorherrscht. Streicher können auch eine Schwebung bilden, Vox coelestis („himmlische Stimme“) genannt, bei der bewusst zwei leise Pfeifenreihen leicht gegeneinander verstimmt werden, wodurch ein schwebender Ton entsteht. Überblasende Flöten sind weit mensurierte offene Lippenpfeifen, die doppelt so lang sind wie normale offene Pfeifen derselben Tonhöhe. Ihr Klang ist besonders füllig. Auch Lingualregister tauchen immer häufiger auf, in größeren romantischen Orgeln besonders des angelsächsischen Kulturkreises trifft man auch oft sogenannte Hochdruckregister an wie z. B. Tuba mirabilis, Stentorgambe oder -flöte oder Royal Trumpet.

Zu den größten Meistern des romantischen Orgelbaus zählen der Franzose Aristide Cavaillé-Coll, sein deutsch-belgischer Konkurrent Merklin & Schütze sowie die Orgelbauer und Orgelbaufirmen Eberhard Friedrich Walcker, Friedrich Ladegast, Wilhelm Sauer, Henry Willis, G. F. Steinmeyer, Gebr. Link, P. Furtwängler & Hammer, Harrison & Harrison, Norman & Beard, Fa. Weigle, Matthäus Mauracher, Rieger und viele andere.

In der Romantik fanden oftmals Umbauten älterer Orgeln statt. Barocke Orgeln, die als zu „schreiig“ empfunden wurden, wurden romantisiert, indem dort streichende oder andere romantische Register anstelle hoher Aliquoten eingebaut und die Intonation verändert wurde. Bis in die 1930er Jahre wurden wertvolle ältere Orgeln „pneumatisiert“ oder elektro-pneumatisch umgebaut.

Spielhilfen der Romantik und der Spätromantik

Außerdem verfügen alle größeren romantischen Orgeln über zahlreiche Spielhilfen und technische Besonderheiten. Typisch ist das so genannte Schwellwerk: Ein Teil der Pfeifen befindet sich innerhalb der Orgel in einem Kasten mit jalousieartigen Schwelltüren, die mittels eines Fußtrittes am Spieltisch geöffnet oder geschlossen werden können. Dies macht erstmals eine stufenlose Veränderung der Dynamik möglich. Viele romantische Orgeln verfügen zudem über eine Crescendowalze, die es ermöglicht, mittels einer mit dem Fuß zu bedienenden Walze oder eines Balanciertritts nach und nach alle Register der Orgel zuzuschalten, ohne die entsprechenden Registerknöpfe einzeln von Hand bedienen zu müssen. Viele romantische Komponisten und deren Orgelwerke setzen eine Crescendowalze voraus (z. B. Max Reger). Außerdem verfügt die romantische Orgel häufig über Sub- und Superoktavkoppeln.

20. Jahrhundert

Die Orgelbewegung

Die sogenannte Orgelbewegung hat ihren Vorläufer in der elsässisch-neudeutschen Orgelreform des frühen 20. Jahrhunderts. Diese kritisierte die Orgelneubauten im Deutschland der Gründerzeit und in Mitteleuropa als unkünstlerisch in der Klanggestaltung, dazu mit Spielhilfen überladen („Fabrikorgel“). Positiv bewertet wurden hingegen die Orgeln der französischen Spätromantik (Aristide Cavaillé-Coll), aber auch deutsche und englische Instrumente bis etwa um 1860. Ausgelöst wurde die Reform zudem wesentlich durch die Wiederentdeckung der Qualitäten der Barockorgeln, beispielsweise der Instrumente von Johann Andreas Silbermann im Elsass. Führende Köpfe der elsässischen Orgelreform waren Albert Schweitzer, Émile Rupp und Franz Xaver Matthias. In Deutschland wurde die Idee einer Rückbesinnung auf die frühbarocke (norddeutsche) Orgel in den 1930er Jahren aufgegriffen, unter anderem von Hans Henny Jahnn und vor allem von Karl Straube. Instrumente romantischen Klangcharakters wurden nun meist grundsätzlich als „Fabrikorgeln“ abgewertet. Gleichzeitig begann jedoch die Beschäftigung mit den in Vergessenheit geratenen barocken Klangidealen und Prinzipien des Orgelbaus, was zur Entwicklung „neobarock“ ausgerichteter neuer und zum Erwachen des Interesses an der Restaurierung alter Orgeln führte.

In den 1930er bis 1950er Jahren waren die Mensuren zum Teil übertrieben weit, jedoch fanden sich wieder barocke Register in den Dispositionen. Die Intonation entsprach noch der der Romantik, und die Rückkehr zur mechanischen Schleiflade war noch nicht vollzogen, auch wenn der Orgelbauer Paul Ott sich bereits wieder dieser Technik zuwandte.

Doch die von den Initiatoren gut gemeinten Absichten (Rückkehr zu handwerklicher Fertigung), wurden völlig falsch verstanden. In den 1950er bis 1970er Jahren (Neobarock) mussten viele romantische Orgeln neuen Instrumenten mit steiler Disposition (wenig Grundton, viel Oberton) weichen. Da außerdem im Krieg viele Instrumente verloren gegangen oder unbrauchbar geworden waren und die beiden großen Konfessionen vermehrt Kirchenneubauten unternahmen, setzte in Westdeutschland ein regelrechter „Orgelboom“ ein, der teilweise in einer tatsächlich „fabrikmäßigen“ Serienproduktion unter Verwendung von minderwertigen Materialien (Windladen aus Sperrholz, Spieltrakturen unter Verwendung von Aluminium oder Plastik) mündete. Durch die fabrikmäßige Fertigung kann kaum ein Register seinen Klang entfalten, da sie (wenn überhaupt) bloß ein bisschen 'zurechtintoniert' wurden. Viele romantische, ja auch spätbarocke und süddeutsch-barocke Werke, deren Disposition nicht barock genug erschien, wurden in dieser Zeit zunehmend „barockisiert“. Ihre Disposition wurde z. B. dadurch verändert, dass die verpönten Streicherstimmen durch hohe Aliquote ersetzt wurden. Oft sind Methode (Ein typisches Beispiel ist das „Absägen“ eines Violoncello 8′ im Pedal zum Choralbass 4′) und vor allem Erfolg als fragwürdig zu bezeichnen, da sie am Ende weder für Romantik noch für Barock gut geeignet waren und bereits in der heutigen Zeit Unmengen von Geld für die Wartung verschwendet werden, da die Materialien minderwertig sind. Stellenweise wurden in dieser Zeit hohe, dissonante Aliquote (Septime, None) verwendet, die in originalen Barockdispositionen nicht vorhanden waren. Die Mensuren waren deutlich, wenn nicht sogar in übertriebenem Maße enger als die der Vorbilder. Die Intonationsweise war völlig neu und hatte mit der barocken nicht mehr viel gemein.

Die daraus resultierenden Orgeln zeichnen sich im Gegensatz zu denen des Barock oft durch einen spitzen, teilweise sogar schrillen und schreienden Klang, schwaches Bassfundament und fehlende Kraft in der Mittellage aus. Die Orgelbewegung ist somit aus heutiger Sicht zwar weit über ihr Ziel hinaus geschossen, hat aber auch die historische Aufarbeitung der Orgelgeschichte erheblich beeinflusst und teilweise überhaupt erst initiiert.

Deutlich von der Orgelbewegung geprägt war vor allem der deutschsprachige Raum. Demgegenüber hielt man im anglo-amerikanischen Bereich lange an der registerreichen, sinfonisch-orchestralen Orgel mit elektrischen Trakturen fest. In Frankreich bildete sich in den 1920er Jahren der neoklassizistische Orgeltypus heraus (l’orgue néoclassique), der bei elektrischen Trakturen die Registerausstattung der französischen Spätromantik mit Einzelaliquoten und Mixturen sowie teilweise historisierenden Zungenstimmen anreicherte. Damit glaubte man ein universelles Instrument für Bach und die alten deutscher Meister wie für die gesamte französische Schule gefunden zu haben. Erst mit den 1970er Jahren traten in Frankreich verstärkt Instrumente auf, die sich an der französischen Klassik oder am norddeutschen Barock zu orientieren suchten.

Universal- und Stilorgel

Die Ausweitung des Organistenrepertoires, die vertiefte Beschäftigung mit Instrumenten anderer Länder und die nostalgische Wahrnehmung des 19. Jahrhunderts führten seit den 1970er Jahren zu einer Kritik der von der Orgelbewegung geprägten Instrumententypen.

Wert und Berechtigung romantischer Orgeln und ihrer spezifischen Musik sind wieder stärker ins Bewusstsein gekommen. In neuester Zeit geht der Trend dahin, bei Generalüberholungen von „barockisierten“ Orgeln des 19. und frühen 20. Jahrhunderts diese in den Originalzustand zurückzuführen. Auch ist die Anzahl der Neubauten zum Ende des 20. Jahrhunderts angestiegen, da viele übereilt gebaute oder schlechte Nachkriegsinstrumente langsam ersetzt werden. Dabei besteht allerdings die Gefahr, dass auch bedeutende Orgeln aufgegeben werden.

Seit den 1980er Jahren wird bei Neubauten vermehrt mit einer Art „Universalorgel“ experimentiert, die für alle Arten und Stile von Orgelliteratur bestmöglich geeignet sein soll. Bei größeren Orgeln (ab drei Manualen und ca. 40 Registern) kommt man zu brauchbaren musikalischen Ergebnissen, indem man ein neutrales Hauptwerk zum Beispiel mit einem barocken Rückpositiv und einem französisch-romantischen Schwellwerk verbindet. In der Disposition erinnert das Ergebnis an die elsässisch-neudeutsche Reform oder den französischen Neoklassizismus. Allerdings lassen sich die technischen und die klanglichen Eigenschaften verschiedener Zeit- oder Regionalstile nur bedingt in einem Instrument vereinen. Bei kleineren Orgeln erweist sich die Vermischung von Stilelementen verschiedener Epochen als noch problematischer.

Dem in Deutschland vorherrschenden Ideal einer Orgel der stilistischen Synthese tritt mit der wachsenden Bedeutung der historischen Aufführungspraxis zunehmend das des stilgetreuen Instruments gegenüber. Detaillierte wissenschaftliche Kenntnisse über den älteren Instrumentenbau und stetig gewachsene Erfahrungen durch sorgfältige Restaurierungen bieten dem heutigen Orgelbau die Möglichkeit, neue Instrumente nach Vorbildern aus verschiedenen Epochen und Kunstlandschaften anzubieten. Auch Rekonstruktionen untergegangener Instrumente werden versucht (Orgel von Johann Andreas Silbermann in Villingen-Schwenningen). Die gegensätzlichen Positionen – stilreine Orgel oder Universalorgel – prallten besonders deutlich beim Streit um die Gestaltung der Orgel in der wieder aufgebauten Dresdner Frauenkirche aufeinander.

(QUELLE: WIKIPEDIA)